Ein Spaziergang auf der Schaida in Ferlach


Erinnerungen an den Ski-Klassiker der Kindheit

Ein Beitrag von Georg Deflorian (SüdSehnSucht)

Letztens, als ich mit unserem Hund spazieren ging, hatte ich plötzlich die Idee, Plätze meiner – unserer – Kindheit aufzuspüren. In den letzten Jahren ist in sozialen Medien immer häufiger der Trend aufgekommen, in eigens dafür angelegten Gruppen Erinnerungen in Form von Fotos und Videos mit anderen Menschen zu teilen.

Die „Alten Ansichten“ auf Facebook zum Beispiel. Meine Geburtsstadt Klagenfurt hat eine, meine Heimatstadt Ferlach hat eine. Immer wieder schaut man dort vorbei, weil es immer auch eine Reise in die eigene Vergangenheit ist. Diese Sehnsucht nach alten Bildern, nach Kindheitserinnerungen steckt tief in uns drinnen. Es ist kein Zufall, dass die Gastronomie oft mit dem Slogan „Der Geschmack aus der Kindheit“ wirbt.

Der Blick zum Schaidabauer, hinter dessen Anwesen es einst auch eine Skipiste gab, auf der sogar Flutlichtskifahren möglich war.
© SüdSehnSucht

So habe ich in Ferlach auf der Schaida, wo ich den Großteil meiner Kindheit und Jugend erlebt habe, ein paar Erinnerungen aufgefrischt. Nicht mit alten Bildern, die sind in meinem Kopf auf Lebenszeit abgespeichert. Ich habe mich auf die Suche gemacht und mir die Frage gestellt, was wohl aus unserem „Steilhang“, unserem „Berg Isel“  – oder war es doch eher die Schanze von Bischofshofen – geworden ist.

Einfahrt Steilhang

Unsere Fantasie ist oft mit uns durchgegangen. Aber der „Steilhang“ war halt auch genauso wie in Kitzbühel. Kurze Anfahrt in der Hocke, dann umlegen nach links und hinunter stechen. Unten hatte der Schneepflug den Schnee schön zusammengepresst und wir sind dort hinaus gesegelt.

Vor dem Absprung musste man leicht nach links ziehen und durch eine Kompression durchheizen. Heute sind die Spuren verwischt. Alles ist verwachsen, unsere „Streif“ ist fast nicht mehr zu erkennen. Orkan „Yves“ hat im Dezember 2017 sein übriges getan.

Und so sieht das Wintersportzentrum der Kindheit mit einer Schneeauflage aus
© SüdSehnSucht

Nur ein paar Meter weiter Richtung Schaidabauer – der legendäre Skilift oben war Anfang der 1980er abgebaut worden – hatten wir unser „Skisprung- und Slalomzentrum“ aufgebaut. Die enge Schneise im Wald war perfekt: Ein natürlicher Anlaufturm, unten ein Auslauf mit einer schanzenähnlichen Neigung.

Wir haben eine Schanze gebaut, dazu eine Anlaufspur gelegt. Es gab sogar „Gates“ wie früher, als die Skispringer nicht von einem „Zitterbalken“ weggefahren sind, sondern von rechts oder links in die Anlaufspur springen oder fahren mussten.

Bei der Weitenmessung waren wir extrem innovativ. Mit einem Maßband wurden die Meter gemessen und auf umgedrehten kleinen Blumentöpfen mit Kreide die Meteranzahl geschrieben. Diese steckten wir dann im Auslauf neben dem Aufsprung in den Schnee. So wussten wir gleich, wie weit wir gesprungen sind.

Ein verkürzter Slalom

Am kleinen Hügel daneben trugen wir unsere Slalombewerbe aus. Mit Stecken aus dem Wald wurden die Tore „geschnitzt“ und dann ein Kurs ausgeflaggt, der ungefähr zehn Meter lang war. Aber das war uns egal. Es gab aus diesem Grund nicht zwei Durchgänge, sondern zehn oder mehr. Heute weiden hier die Kühe vom Schaidabauer. Sie wissen gar nicht, auf welch legendärem Boden sie grasen. Hier wurden Olympische Spiele und Weltmeisterschaften ausgetragen.

Einmal hatte ein Freund sogar die Idee, einen Parallel-Slalom zu veranstalten. Mit Urkunden und Pokal. An den Sieger kann ich mich nicht mehr erinnern, aber wir fühlten uns wie Klaus Heidegger, Ingemar Stenmark, Hans Enn, Christian Orlainsky oder Wolfram Ortner, der heute in Kärnten und Umgebung für seine edlen Brände und seinen Whisky bekannt ist.

Wieder ein paar Meter weiter geht es zum Baum, von dem aus Ferlach und ein Teil des Rosentales so wunderschön zu beobachten sind.

Und bei dem man sich leider oft auch über die Jugendlichen ärgern muss, die hier mit ihren Autos parken und die schöne Landschaft mit Müll verunstalten, der einfach aus den Fenstern geworfen wird.

Hier verlief einst ein Hohlweg, auf dem das Holz aus dem Wald geholt wurde. Heute ist an dieser Stelle, wenn man vom besagten Baum nach links abbiegt, eine Forststraße, die Richtung Sechter führt.

Hier noch ein Blick zu einem der Ferlacher “Hausberge”. Der Hom, früher von den älteren Semestern auch “Monte Schmusio” genannt. Warum wohl? © SüdSehnSucht

Der Hohlweg, der weit auf den Berg hinauf angelegt war, diente neben dem „Steilhang“ als Abfahrt. Im meterhohen Schnee brettelten wir uns eine Piste zusammen, die an manchen Stellen vielleicht zwei, drei Meter breit war. Mühsamst wurde Meter für Meter „präpariert“, die Abfahrt hatte am Ende eine Länge von rund zwei Kilometern. Umgestürzte Bäume wurden mit Schnee zu Sprüngen umfunktioniert, die „Kamelbuckel“ oder „Hundschopf“ genannt wurden.

Leider gibt es den Hohlweg, den „Steilhang“ und den „Berg Isel“ nicht mehr. Wie überall in Ferlach und Umgebung hat sich viel verändert auf der Schaida. Unsere imaginären „Sportstätten“ würde man heute als „Lost places“ bezeichnen, aber in unseren Erinnerungen und Gedanken sind sie noch immer fest verankert.

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Dieser Beitrag wurde bereitgestellt von Georg Deflorian, dem Betreiber des Alpe Adria Blogs SüdSehnSucht.

Die Sehnsucht nach dem Süden zog Georg Deflorian und seine Frau nach langem Aufenthalt in Wien wieder in die Kärntner Heimat. Er sammelt in seinem Blog Eindrücke, Beobachtungen, Gefühle und Bilder der wunderbaren Alpe-Adria-Region und bietet damit eine neue spannende Perspektive über diese extrem lebens- und liebenswerte Region.